Freitag, 9. November, 11 Uhr, Geschichten hinter Bildern

Das kleine Wellenbild zeigt neben der Liebe des Künstlers zum Meer sein Interesse zu alltäglichen Motiven. Courbet gilt als radikaler Vertreter des französischen Realismus. Während seiner Sommeraufenthalte in der Normandie entstanden rund sechzig Brandungsbilder in ganz verschiedenen Formaten. Nur Wolken und Wellen - kein Schiff, kein Land in Sicht, keine Spur von Menschen.
Der Farbauftrag ist grob. Teilweise spachtelte Courbet Farbe mit dem Messer, so dass die Wogen sich plastisch türmen. Sie wird selbst zum Ereignis und soll nicht mehr nur abbilden. Der Mechanisierung und Rationalisierung des Lebens stellte Courbet bewusst die rohe Naturgewalt entgegen, die sich nicht zivilisieren lässt. Sein bürgerliches Publikum sollte eine archaische, entfesselte Kraft erleben. Gerade diese kompromisslose Expressivität nahmen die von allegorischen Salonbildern gelangweilten Pariser begeistert auf. Sie fühlten sich auf eine neue Art ins Bild einbezogen. Zeitgenossen stilisierten die Wellen zu Metaphern von Kampf und Widerstand und zur Auflehnung gegen Napoleon III. Sie wurden zu Sinnbildern eines Umschwungs, der als Welle Bestehendes hinwegreißt. Sicher nicht zuletzt, da Courbet ein führendes Mitglied der revolutionären Pariser Kommune war. 1858 bezog Courbet für einige Monate ein Atelier im Frankfurter Städel und verkaufte an das liberale Bürgertum.