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Ort | Großer Saal Hessisches Landesmuseum Darmstadt Friedensplatz 1 64283 Darmstadt |
Kurator*innen | Dr. Theo Jülich Dr. Kristine Siebert |
Laufzeit | 8. Dezember 2017 bis 11. März 2018 |
Ticketpreis | Regulär 10 Euro / Ermäßigt 6 Euro |
08.12.2017 – 11.03.2018
08.12.2017
Der Mainzer Goldschmuck
Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit
Sicher ist, dass 1880 bei Kanalbauarbeiten in Mainz eine goldene Fibel gefunden wird, die einen stilisierten Pfau zeigt. Das Stück gelangt in das Mainzer Altertumsmuseum und wird als »Adlerfibel« veröffentlicht. 1886 tauchen mit unklarer Herkunft 6 Ringe, 5 Schmuckstücke und einige Goldketten auf. Der preußische Bezirkskonservator Carl August von Cohausen vermerkt aufgrund der Art der anhaftenden Erde, dass die Stücke von einem Acker stammen müssen. Das heißt, sie haben nichts mit dem Fund von 1880 zu tun.
Davon geht aber der Mainzer Kulturprälat Friedrich Schneider aus, der 1887 bei einer weiteren Gruppe von Schmuckstücken vom dritten Teil des Mainzer Goldschmucks redet. Die Wiesbadener Gruppe ist für ihn also der zweite Teil des Schatzfundes. Die Wiesbadener Gruppe wird auf nachdrückliche Empfehlung von Friedrich Schneider für 10.000 Mark an den Baron Maximilian von Heyl verkauft. Friedrich Schneider ist wie eine Art Kunstmakler für den Darmstädter Millionär Maximilian von Heyl (1844 – 1925) tätig. 1887 tauchen weitere Schmuckstücke auf, darunter ein Brustschmuck. Friedrich Schneider hält diesen für zwei Gehänge, die seitlich an einer Krone befestigt gewesen wären, und schreibt an von Heyl, er hoffe, dass auch die zugehörige Krone bald auftauche. Von Heyl erwirbt diesen »dritten« Teil des Mainzer Schmucks für 8.000 Mark.
Einige Stücke, die von Heyl zu dem Schmuckensemble rechnete, werden sonst nicht erwähnt. Dazu zählen der Halsschmuck und die Berliner Adlerfibel, die wohl mit dem „dritten“ Teil nach Darmstadt kamen. 1896 entdeckt Friedrich Schneider in einer Baugrube am Mainzer Dom die zwei Tasseln, die dem Dommuseum Mainz einverleibt und heute im Darmstädter Landesmuseum aufbewahrt werden. 1904 werden bei Bauarbeiten ein Ohrring und eine byzantinische Münze des Kaisers Romanos gefunden und dem Altertumsmuseum Mainz übergeben.
Eine technologische und kunsthistorische Untersuchung der Stücke in den letzten Jahren ergab, dass sie weder stilistisch noch technisch in einen Zusammenhang gehören. Gerade die prominenten Stücke, die die Vorstellung von einem Kaiserinnenschmuck erst begründeten, sind moderne Erfindungen. Das gilt für den Brustschmuck, den Halsschmuck und die Berliner Adlerfibel.
Denkbar und wahrscheinlich ist nun folgendes Szenarium: Nach dem spektakulären Fund der Adlerfibel entsteht bei von Heyl der Wunsch, derartiges auch in seiner Sammlung zu haben. Ihm werden Stücke angeboten, die man mit diesem Schatzfund in Verbindung bringt. Das sind Objekte, die unterschiedlichsten Quellen wie Raubgrabungen, dem Kunsthandel und der eigenen Phantasie entstammen. Friedrich Schneider preist die Stücke an, verbürgt sich sozusagen dafür, und der Baron kauft im Glauben, es handele sich um einen homogenen Fund mit fürstlichem Hintergrund.
1890 und 1902 wird der Schmuck ausgestellt und seitdem wird dem Schmuck eine stets wachsende kaiserliche Aura zugebilligt, bis hin zu Otto von Falkes Identifizierung der Trägerin als Kaiserin Gisela im Jahr 1913. Wohl auf Anregung des Generaldirektors der Königlichen Museen, Wilhelm von Bode, erwarben 1912 vermögende Männer den Schmuck für 300.000 Mark für die Berliner Museen, wo er lange als Hauptwerk des mittelalterlichen Schmucks in Deutschland galt.
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