Eine Kooperation mit dem Städel Museum
Mit der Präsentation „Meisterwerke des Symbolismus. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt zu Gast im Städel“ wird die im Februar 2007 begonnene fruchtbare Kooperation des Städel Museums und des Hessischen Landesmuseums Darmstadt nun in der Galerie des 19. und 20. Jahrhunderts fortgeführt. Dort treten Gemälde und Skulpturen bedeutender Symbolisten wie Arnold Böcklin, Franz von Stuck und Max Klinger sowie präraffaelitischer Künstler wie John William Waterhouse und Walter Crane mit den Gemälden des Städel Museums in einen Dialog. So wird die ins Reich der Mythologie gehörende, heroische „Prometheuslandschaft“ Böcklins sowohl mit seiner lyrisch anmutenden „Villa am Meer“ kombiniert als auch der wissenschaftlichen Naturwiedergabe von Johan Christian Dahls „Der Ausbruch des Vesuv im Dezember 1820“ gegenübergestellt. Die rätselhaft-laszive „Sphinx“ von Franz von Stuck eröffnet eine Reihe von Femme-fatale-Darstellungen, die sich über die betörende „La belle dame sans merci“ von Waterhouse bis hin zur ambivalenten „Maria Magdalena in der Wüste“ von Pierre Puvis de Chavannes zieht.
Der Schweizer Arnold Böcklin (1827–1901) gehört wie Anselm Feuerbach und Hans von Marées zur Gruppe der „Deutschrömer“, die im 19. Jahrhundert in Italien, vor allem in Rom, das Erbe des antiken Griechenland, vermittelt durch die römische Antike und aktualisiert durch die Renaissance, suchten und fanden. Die „Prometheuslandschaft“ ist während Böcklins erstem Aufenthalt in Florenz (Herbst 1874 bis Herbst 1885) entstanden. Ikonographisch neu aufgefasst, verschmilzt die Figur des Titanen, der das Feuer vom Olymp stahl und es den Menschen brachte, mit der Landschaft und wird selbst zur Naturgewalt. Die Einheit von Mensch und Natur und die gleichwertige Gewichtung von Figur und Landschaft, zwei Aspekte, die in allen Kompositionen Böcklins als bildnerisches Ideal vorherrschen, verkörpert die Landschaft mit Prometheus. Von der „Villa am Meer“, einer seiner bedeutendsten Bilderfindungen, ausgehend, von der sich eine Version seit 1894 im Städel befindet, gestaltet Böcklin die kleinere Komposition „Italienische Villa im Frühling“ von 1890. Die beiden Werke verbinden sich mit „Prometheus“ zu einem symbolistischen Landschaftstrio, dem Dahls „Vesuvausbruch“ gegenübergestellt wird.
Gelegentlich als Nachfolger Böcklins apostrophiert, bevorzugte Franz von Stuck (1863–1928), der zusammen mit Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach zu den Münchner Malerfürsten gezählt wird, allegorische und mythologische Bildmotive. Das Gemälde „Frühlingsreigen“ (1909) und die Bronze „Tänzerin“ (1897), die im Rückgriff auf die antike Mythologie Frühlingsgefühle durch Tanz und Reigen visualisieren, spiegeln die ästhetische Gegenwelt des Fin de Siècle wider. Als Flucht vor der Realität, in der die Industrialisierung und die damit einhergehenden gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzungen den Alltag bestimmten, bejahen die damals besonders beliebten Tanz- und Reigenmotive sinnlich-dionysisch das Leben. Im Gegenzug verherrlicht die 1905 entstandene „Sphinx“, neben der weiblichen Personifikation der „Sünde“ eines der Hauptwerke Stucks, die Frau als Femme fatale.
Zeittypische Vorstellungen vom Wesen der Frau als Bedrohung für den Mann werden auch in dem Gemälde „La belle dame sans merci“ des Engländers John William Waterhouse (1849–1917) von 1893 bildhaft, der sich dem Stil und der historisch-mythologischen Themenwelt der Präraffaeliten anschloss. Entnommen aus der 1819 entstandenen gleichnamigen, enigmatischen Ballade des englischen Dichters John Keats, betört eine feenhafte Kindfrau einen geharnischten Ritter. Der Ballade zufolge wird ihm der fatale Charme der schönen Fee ein verdammtes Dasein in einer Schattenwelt bescheren. Mit dem Werk „A Masque of the Four Seasons“ (1903–09) von Walter Crane wird im Städel ein weiteres Werk eines Künstlers präsentiert, der in der Nachfolge der 1848 in England gegründeten Präraffaelitischen Bruderschaft steht. Walter Crane fand sein Metier in der Illustration und Gestaltung von Kinderbüchern und als Designer für Möbel und Porzellan. Als Mitglied der von William Morris initiierten Arts-and-Crafts-Bewegung zielte Crane ähnlich wie Stuck in Deutschland auf ein Gesamtkunstwerk, indem er Kunst und Leben in Form der Stilisierung und Gestaltung des Lebensraumes zu vereinen suchte. Die allegorische Bildkomposition der vier Jahreszeiten ist eines der wenigen Gemälde von Crane. In den antikisierenden Gewändern der Frauenfiguren verweist es deutlich auf das Vorbild des florentinischen Quattrocento. Das Thema der Jahreszeiten ist charakteristisch für Crane und die Arts-and-Crafts-Bewegung, in der die Natur als wichtigste Inspirationsquelle des Künstlers gesehen wird.
Das Ensemble aus Darmstadt, in dem noch zwei Werke („Der Abend“ von 1882 und die Bronze „Kassandra“ von um 1895) von Max Klinger (1857–1920) zu sehen sein werden, verbindet sich mit den Werken des Städel Museums zur einer ausdrucksstarken Bildschau des Symbolismus, in der die vorrangigen Themen des Fin de Siècle betrachtet werden können.
Der Präsentation „Meisterwerke des Symbolismus. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt zu Gast im Städel“ sind bereits die Ausstellung über die Anfänge der deutschen Tafelmalerei Anfang 2007 und die Ausstellung „Niederlande und Deutschland. Ein Dialog im 15. Jahrhundert“ im Herbst 2007 vorangegangen. Die Grundsanierung und Erweiterung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, das seit dem 1. Oktober 2007 geschlossen ist, bieten den äußeren Anlass für die langfristige Kooperation der beiden Häuser. Während des Umbaus des Landesmuseums beherbergt das Städel Museum rund 100 Werke aus Darmstadt. Die Kunstwerke aus der Zeit vom 13. Jahrhundert bis zum frühen 20. Jahrhundert werden in mehreren aufeinander folgenden Präsentationen in die Sammlung des Städel integriert und ergänzen diese. Dabei erschließen einzigartige Gegenüberstellungen von Meisterwerken beider Häuser neue Sehzusammenhänge und schärfen die Wahrnehmung spezifischer Qualitäten. Das vierjährige Projekt bietet nicht nur eine Reihe kunsthistorischer Höhepunkte, sondern ist auch als wesentlicher Teil des Gesamtkonzeptes des Städel Museums zu verstehen, in dessen Zentrum die Vermittlung und Kontextualisierung der Sammlung stehen.
Veranstaltungsort
Städel Museum
Schaumainkai 63
60596 Frankfurt am Main