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Ernest Stephen Lumsden, Forth Bridge, 1909
27.06.2024 – 13.10.2024

Graphic Revival

Natur, Mensch, Industrie in England um 1900

Die Technik der Radierung war fast vergessen, als sie durch James McNeill Whistler (1834 – 1903) und seinen Schwager Francis Seymour Haden (1818 – 1910) im neunzehnten Jahrhundert als künstlerische Ausdrucksform wiederentdeckt wurde. Lange Zeit war die Radierung von Kunstschaffenden als reine Reproduktionstechnik abgetan worden. Whistler, Haden und andere Künstlerinnen und Künstler in England entdeckten das ungeheure Potential dieser Technik neu und entwickelten sie in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zum eigenständigen Zweig der künstlerischen Grafik weiter. Die treibenden Kräfte dieses »Etching Revival« waren dabei vor allem Malerinnen und Maler, die mit großer Virtuosität die Radierung für eigenständige Bildkompositionen nutzten und originale Kunstwerke schufen. Ihre Druckgrafiken sind durchdrungen vom Geist der Romantik und oszillieren zwischen Symbolismus und Realismus.

Das Hessische Landesmuseum Darmstadt verfügt Dank einer großzügigen Schenkung aus dem Jahr 2022 über mehr als 100 Werke der epochemachenden englischen Malerradiererinnen und Malerradierer. Die Ausstellung »Graphic Revival« umfasst 75 Werke von 28 Künstlerinnen und Künstlern.

Die ausgestellten Radierungen zeigen motivisch interessante Bezüge zur Industriegeschichte des neunzehnten Jahrhunderts, deren Folgen uns heute mehr denn je beschäftigen. Dampfmaschine und Schwerindustrie hatten Mittelengland in das »Black Country« – das größte Industriegebiet der Welt – verwandelt. Damit begann vor gut 150 Jahren die grenzenlose Ausbeutung fossiler Energien und der ungebremste Anstieg des CO2 in der Atmosphäre. Die schwarze Kunst des »Etching Revival« entstand in einer Zeit als sich die Naturlandschaft mehr und mehr in Industrielandschaft verwandelte. Statt Kirchtürmen beherrschten jetzt Fabrikschlote das Bild, statt einzelner Bauern oder Handwerker jetzt eine anonyme Masse von Lohnarbeitern. Wolken entpuppten sich als aus Industrieanlagen aufsteigender Rauch. In den Kompositionen der englischen Künstlerinnen und Künstler wird dieser tiefgreifende Wandel durch die Verwendung starker Gegensätze deutlich. Neben das Schwarz-Weiß oder Hell-Dunkel der Radiertechnik treten Extreme wie Groß und Klein, Leere und Überfüllung, Nähe und Ferne.

Die nach Themen gegliederte Ausstellung beginnt mit Natur und Landschaft, führt zu Hafen- und Stadtansichten, Porträts und Genreszenen sowie zu frühen Industrielandschaften. Wie die Präsentation mit ausgewählten Beispielen zeigt, bestand eine enge Verbindung der englischen Strömung zur avantgardistischen Kunstszene in Frankreich, den Landschaftsmalern von Barbizon. Der zweite wichtige Orientierungspunkt war Rembrandts Radierkunst: Whistler, Haden und ihr Kreis waren fasziniert von der freien Art des Niederländers, die Radiernadel zu führen. Die Ausstellung bietet deshalb bei exemplarischen Blättern die einzigartige Chance zum direkten Vergleich mit den wertvollen Radierungen des großen Vorbilds Rembrandt.

Weitere Informationen

Veranstaltungsort

Karl-Freund-Galerie Hessisches Landesmuseum Darmstadt Friedensplatz 1 64283 Darmstadt

Kuratorin

Dr. Mechthild Haas

Co-Kurator*innen

Dr. Udo Felbinger und Dr. Jessica Schmidt

Laufzeit

27. Juni – 29. September 2024 Verlängert bis 13. Oktober 2024!

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Die Haupthalle im Eingangsbereich des Hessischen Landesmuseums

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