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Veranstaltungsort | Großer Saal Hessisches Landesmuseum Darmstadt Friedensplatz 1 64283 Darmstadt |
Kuratorin | Dr. Gabriele Mackert |
Kuratorische Assistenz | Anika Manthey |
Laufzeit | 15. November 2024 bis 16. Februar 2025 |
Ticketpreis | Regulär 12 Euro / Ermäßigt 8 Euro Gruppenpreis: 10 Euro Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt |
15.11.2024 – 16.02.2025
Ich muss mich erstmal sammeln!
Jakob Lena Knebl, Markus Pires Mata und die Sammlungen des Hessischen Landesmuseums Darmstadt
Jakob Lena Knebl und Markus Pires Mata kreieren spektakuläre Installationen zwischen Kunst und Design. Mit viel Vergnügen verbinden sie Mode, Malerei, Skulptur und Populärkultur. Genussvoll verknüpfen sie dabei High und Low, Kritik und Humor. Provokant, plakativ und anarchisch.
Knebl und Mata wurden eingeladen, aus dem Schatz des Museums eine persönliche Schau zusammenzustellen. Ihre Ausstellung im Großen Saal lädt zu einer sinnlichen Erfahrung ein: In einer großen Rauminstallation inszenieren sie Werke von Knebl mit Objekten aus den universalen Sammlungen des Hessischen Landesmuseums Darmstadt. Dabei wird unter anderem Privates mit Öffentlichem vermischt. So darf man beispielsweise auf den ausgestellten Sofas Platz nehmen und so den überraschenden Wohnraum mit Teppich und Lampen sowie Skulpturen und Bildern gemeinsam nutzen. Auf dem Rundgang begleiten die Besucherinnen und Besucher stets auch Tiere.
Durch die Kombination von Kunst und Naturalia sowie ihren subjektiven kuratorischen Ansatz brechen sie in ihrer surreal anmutenden Wunderkammer mit den gewohnten Vorstellungen von Museumspräsentationen. Statt wissenschaftlichen Kriterien zu folgen, spüren sie assoziative Verwandtschaften über Oberflächen, Motive, Themen oder Farben auf. Im Vordergrund stehen das Sehen und Entdecken.
Ihre Recherchen führten Knebl und Mata nicht nur zu den Beständen von Malerei und Skulptur, sondern auch in die Depots für Kunsthandwerk und Zoologie, wo sie lange nicht Ausgestelltes aufspürten – eine Colaflasche ebenso wie Schleiereulen, eine Bronzekatze und ein Buch über die Geschichte der Gewerkschaften.
Die Ausstellung vermeidet das Abtauchen in Gelehrsamkeit. Stattdessen präsentiert sie Konstellationen quer durch Sammlungen, Stile, Zeiten, Genres und Gattungen hinweg und wirft so Fragen auf: Ist dieses oder jenes Objekt Kunst oder Design? Was haben Tiere im Museum zu suchen? Wer bringt die schöneren Dinge hervor: die Kunst oder die Natur?
Die Schau lässt vieles in der Schwebe, so dass – wie in Wunderkammern der Renaissance – alles als Teil eines kuriosen Kosmos‘ erscheint. Gemälde werden nicht nur an Wände gehängt, sondern schweben im Raum über den Köpfen der Besucher*innen. Sie werden geschichtet, sodass sie wie Überblendungen gleichzeitig gesehen werden. Natürlich entstandene Mineralien stehen aufwendig gestalteten Schmuckstücken gegenüber, Alltagsflaschen aufwendig dekorierten Pokalen, Tierpräparate treten in Vitrinen in direkten Dialog mit Kunstobjekten.
Als Künstler- und Designer*innen sind Knebl und Mata Spezialist*innen der Inszenierung. Ebenso gerne setzen sie sich mit dem großen Fundus der Kunst-, Kultur- und Modegeschichte auseinander wie mit Handwerkstraditionen oder Populärem.
So hat sich Knebl in Anspielung auf Joseph Beuys‘ revolutionären Kunstbegriff 2011 selbst als »Fettecke« inszeniert und Gemälde des Konstruktivisten Piet Mondrian oder des Surrealisten René Magritte auf ihre Haut übertragen. Skulpturen von Jean Arp adaptierte sie ebenso so wie Henri Laurens voluminöse »Große Badende«, deren ausladende Körperformen sie in quietschgelbem Kunststoff und mit einer comic-haften Perücke versehen hat.
Jüngst ließ sie die mittelalterliche Skulptur des Ulmers Gregor Erharts, die Maria Magdalena, zur Hälfte in Bronze nachgießen. Die halbierte Skulptur ohne Vorderteil und mit langer Haarmähne auf der Rückseite erweist sich als erstaunlich geschlechtsneutral. In ihrer Darmstädter Ausstellung kombiniert Knebl sie mit dem anmutig und selbstbewusst voranschreitenden Christuskind des Vaters, Michael Erhart, dem Daumen von César und »Shoes for Departure« aus Bergkristallen von Marina Abramović.
Mit Marcel Duchamp stellen Knebl und Mata provokant die Frage, was wir als Kunst ansehen: das Schöne, das Ausgefallene, das Seltene? Seine Readymades, die Serienproduktion von der Stange, boten all dies gerade nicht. Bei Knebl und Mata wird Duchamps berühmtes erstes Ready Made, »Roue de Bicyclette« (Fahrrad-Rad), Teil eines Panoramas zur heutigen hybriden Stadtnatur.
Es wird deutlich, dass Knebl und Mata Grenzüberschreitungen und unser Verhältnis zu den Dingen, die uns umgeben, interessieren: So wie wir mit unserer Kleidung etwas über uns aussagen, so prägen diese uns. Warum wollen wir sie besitzen? Wie gehen wir – nicht nur im Museum – mit ihnen um und sie mit uns?
Die beiden Künstler*innen verstehen sich als Transformierende. Im Hessischen Landesmuseum Darmstadt haben sie eine Raumordnung entworfen, in der sich Bedeutungen und (Be-)Wertungen von Objekten wandeln können. Durch Überlagerungen sind die Objekte vielfältig miteinander verbunden und werden als Teil unserer unüberschaubaren Natur-, Kultur- und Konsumwelt erlebbar. Damit steigern Knebl und Mata nicht nur die provokanten Effekte ihrer subjektiven, lustvoll assoziativ getroffenen Auswahl, sondern ermuntern zum Dialog der Diversität.
Sie eröffnen den BesucherInnen neue Perspektiven auf die scheinbar vertrauten Dinge und fordern sie heraus, ihre eigenen zu hinterfragen. In dieser dynamischen Inszenierung werden die Grenzen zwischen Kunst, Design und Alltag durchlässig, was den Besucher*innen die Möglichkeit gibt, die Objekte in einem neuen, ungewohnten Licht zu betrachten. So wird die Ausstellung nicht nur zu einem ästhetischen Erlebnis, sondern auch zu einem Reflexionsraum über die Beziehungen zwischen Mensch, Objekt und Gesellschaft.
Kuratorin: Dr. Gabriele Mackert
Kuratorische Assistenz: Anika Manthey
Mit Kunstwerken und Designobjekten von Jakob Lena Knebl und
Marina Abramovic, John de Andrea, Peter Angermann, Adam Antes, Alexander Archipenko, Hans Arp, Älteste Volkstedter Porzellanmanufaktur, César Baldaccini, Ernst Barlach, Elisabeth Bonté, Anna Bornemann, Eugen Bracht, Dumitru Haralamb Chipăruș, Theodorus A. C. Colenbrander, Lies Cosijn, Marcel Duchamp, Michel Erhart, Karl Fabergé, Lucien Gaillard, Hagen Häuser, Erwin Heerich, Heinrich Jobst, Axel Kasseböhmer, Kayserzinn, Christian Wilhelm Kehrer, Leonhard Kern, Heinrich Kirchner, Jan Knap, Georg Kolbe, Cornelius Kolig, Königliche Porzellan-Manufaktur, Georg von Kovats, François-Raoul Larche, Henri Laurens, Léonard Agathon, Johannes Leonhard, Loetz, Francisco López, Wilhelm Loth, Aristide Maillol, Hans Makart, Brigitte Matschinsky-Denninghoff, Otto Modersohn, Jules Moigniez, William Morgan, Matthijs De Naiveu, Hanns Pellar, Georges Pierre, Otto Ritschl, Rozenburg, Timo Sarpaneva, Bernard Schultze, Christel Schweizer, Johann Conrad Seekatz, Nicole Six/Paul Petritsch, Kiki Smith, Friedrich Stahl, Susse Frères, Dieter Teusch, Johann Heinrich Tischbein d.Ä, Hermann Tomada, Henry Wilson, Tapio Wirkkala, Ossip Zadkine, Friedrich Zitzmann, Zsolnay.
Biographien
Jakob Lena Knebl studierte Mode bei Raf Simons an der Universität für angewandte Kunst Wien und textuelle Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Heimo Zobernig.
Bei Ihren Einzelausstellungen »Oh… Jakob Lena Knebl und die mumok Sammlung«, 2017 im Museum Moderner Kunst, Mumok, Wien, und »Frau 49 Jahre alt« 2020 im Lentos Kunstmuseum Linz und »Marcher sur l'eau« 2021 im Musée d´art et d´histoire, MAH, Genf verwob sie als Künstlerkuratorin eigene Arbeiten mit Sammlungsbeständen.
Seit 2021 hat sie die Professur für Transmediale Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien inne. Mit Ashley Hans Scheirl gestaltete sie 2022 den Österreichischen Pavillon auf der Biennale in Venedig. Beide stellten 2023 im Palais de Tokyo, Paris mit dem Titel »Doppelganger!« aus. Es folgte 2024 Passage in der Sammlung Falckenberg der Deichtorhallen Hamburg.
Markus Pires Mata studierte Fashiondesign in Wien. 2006 gründete er mit Jakob Lena Knebl, Karin Krapfenbauer und Martin Sulzbacher das Unisex-Modelabel House of the Very Island’s in Wien. 2019 war er künstlerischer Leiter von TAKE– Festival for Independent Fashion and Arts, Wien. Er ist Lehrbeauftrager der Universität für Angewandte Kunst in Wien und DJ. Mata produzierte Knebls Pavillon 2022 auf der Biennale in Venedig und realisierte ihre Ausstellungen 2021 im Musée d'art et d'histoire Genf, 2023 im Palais de Tokyo Paris und 2024 in den Deichtorhallen/Sammlung Falckenberg in Hamburg.
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